inhalt

cast

fotos

filmtermine
KINOS


regie-
kommentar
& kontext

rezensionen

TRAILER

press kit


                        

regiestatement

Ein Cliché ist dieses Kreuzberg noch immer, aber es ist nicht mehr das gleiche. Aus der Mischung von Türkischer Diaspora und autonomer Militanz ist eine ganz unpushige internationale Jugend geworden, die eine Slow-Motion-Party als Alltag lebt. Aber Clichés sind – jedenfalls bei Städten – manchmal auch Räume, die man wirklich bewohnt. Tatsächlich kommen gerade Tausende in diese wenigen Quadratkilometer im Übergang von Kreuzberg und Neukölln und tragen ein Verhalten und eine Einstellung zur Schau, die ich interessant finde. Es sind hier eben nicht in erster Linie die Smartphone- und Laptop-Nerds, die kreative Jobs erfinden, die sich von diesem Mythos anziehen lassen, es sind – oder waren, denn zur Zeit verändert sich das Bild bereits sehr schnell – Leute, die offenkundig nichts überaus wichtiges zu Tun beabsichtigen, die nichts oder wenig konsumieren, höchstens sich selbst und das gegenseitig.
Egal, wie man das wieder erklären kann (Kompensation für den Uni-Stress, den Business-School-Irrsinn weltweit), erstmal ist es da, real, ist wirklich verbrachte Zeit, oder – vielleicht – großartig vergeudete. Ich will diesen Massen-Outtake nicht nur deuten als zwangsläufiges Ergebnis der Krisen in ganz Europa, in Spanien und Griechenland, sondern auch als eine Antwort auf diese Krise, ein intuitiver Gegenvorschlag: Nicht Gebraucht-Werden als Selbstorganisation, eine Organisation der eigenen Zeit.
Dass Zukunft verschwindet, das stellen heute vor allem Politische Ökonomen fest. Die sog. Schuldenkrise, von der nur die Eliten verdienen, hat aus der Zukunft alle Entscheidungsoptionen ausgeschlossen, wie Maurizio Lazzarato schreibt. Sehen deshalb hier alle so aus, als hätten sie genauso 40 Jahre früher schon hip gewesen sein können? Ist deshalb jede historische Nische viel räumlicher und lebendiger als irgendetwas >Neues<, das aus dem digitalen Business kommt? Ich weiss es nicht, zum Teil vielleicht. Aber es liegt auch ein sehr richtiges Mißtrauen gegen die Lokomotive Fortschritt darin. Es ist eine Sensibilisierung dafür, dass Gegenwart nicht „real“ ist und schon gar kein Gefängnis: Die Gleichzeitigkeit von allerlei dissidenten Stilen ist kein postmoderner Happy-Mix, sondern ein Bewohnen von Vergangenheit.
Ich will hier nicht einen Film erklären, der nicht erklärt werden muss. Ich habe auch nicht versucht, meine Beobachtungen oder Meinungen zu verfilmen. Ich wohne hier und bin von meinem Beobachtungen ausgegangen. Ich habe daraus eine Ausgangssituation abgeleitet und diese dann den Darsteller/innen (und allen anderen, die den Film mitgemacht haben) vorgeschlagen. Sie sind auf sie eingegangen und haben sie verändert und die sich daraus ergebenden Situationen und Gespräche improvisiert. Die Darsteller sind nicht identisch mit den Figuren, mit Aziza oder Zach aus dem Film, aber Ceci Chuh und Elliott McKee und Vivian Daniel (um die drei wichtigsten zu nennen) haben daraus eigene Personen gemacht. Und ähnlich gilt das auch für die Straße, für die Umgebung: auch sie wurde nicht hergerichtet und sie soll nicht irgendetwas demonstrieren. Wir haben versucht, die filmische Situation so offen zu halten, dass sich etwas zeigen kann, was wir nicht vorweg bestimmen konnten. Und wirklich, es hat alles sehr offen mitgespielt. Damit sich dann von selber verhandeln lässt, welche Form von Freiheit darin möglich ist – oder welche Unfreiheit.

Sich in einem Stadtteil zusammenballen, auf der Straße sitzen und nichts oder wenig tun, hat das Methode? Gibt es da etwas, was mit dem Kreuzköllner Zustand von In-der-Sonne-sitzen, die Straße als Bar zu verwenden und mit Gitarre auf der Straße zu singen ›gemeint‹ ist – auch wenn ja gerade niemand irgendetwas ›meinen‹ oder ›sagen‹ will? Und doch: diese Verwendung der Stadt, das Beharren auf geldlosem Umgang, das Bestehen darauf, Zeit zu haben, das ›demonstriert‹ etwas. Und wenn es nur eine Form wäre, auf das Wort Krise‹ zu reagieren? Den Zustand filmen und darin eine Geschichte anfangen lassen. Personen, die hier wohnen, andere, die dazu kommen, unbestimmte Zeit bleiben, gehen, unterbrechen, um eben auch diese Geschichte insgesamt zu beenden.

Zu benachbarten Themen wie crisis&nonproductivity, the use of a stradtteil&off-time, new folk-music & retromania, learn turkish findet sich Einiges auf www.bbooks.de/gap2go
.


 

kk
eine bbooksz av produktion



 
 




 
ddnn